Memo zur Flüchtlingskrise: Wir stehen erst am Anfang. Ein Vorschlag zum nächsten Schritt.

Unterbezirk

Wie lässt sich die Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge reduzieren? Schlagworte bestimmen die politische Debatte. Die meisten Vorschläge bestehen den Umsetzungscheck nicht.

Denn es gibt schlicht keine einfache Patentlösung in der aktuellen Gemengelage. Keine einfachen Antworten oder Schuldige.

Mit 60 Millionen Flüchtlingen sind derzeit mehr Menschen auf der Flucht als zur Zeit des zweiten Weltkrieges.

Überhaupt noch nie in der Menschheitsgeschichte waren so viele Menschen auf der Flucht. 80 % der Schutzsuchenden halten sich derzeit noch an der Grenze zu ihrem Heimatland auf. Und keine der Krisenzonen ist bislang entschärft worden.

Das heißt, wir müssen uns darüber klar werden, dass wir uns mitten in einer globalen Krise befinden, und dass die Flüchtlingsbewegungen so lange nicht enden, so lange die Ursachen dafür existieren und auch die Umstände in den Flüchtlingslagern in der Nähe der Krisengebiete nicht deutlich verbessert werden.

Dort fehlen laut dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR viele Milliarden Euro in der humanitären Hilfe, weil nicht alle Staaten ihren Verpflichtungen nachkommen. Flüchtlinge in den Lagern bekommen dadurch weniger zu essen und die medizinische Versorgung kollabiert.

Ein Grund mehr sich auf den Weg nach Europa zu machen.

Es gibt dazu Lösungen. Der CSU-Entwicklungsminister sieht beispielsweise eine "vollkommen neue Dimension der internationalen Zusammenarbeit". Europa müsse seine Verantwortung in der Welt "in einer anderen Dimension wahrnehmen".

Demzufolge wäre beispielsweise für Syrien ein europäischer Wiederaufbaufonds von zehn Milliarden Euro für die Zeit nach dem Krieg nötig. In ihn einzahlen sollten "vor allem Staaten, die keine Flüchtlinge aufnehmen“.

Und was können wir hier bei uns im Landkreis tun?

Für uns hier in der Region heißt das, den Bürgern zunächst reinen Wein einzuschenken: Das Rad wird sich nicht einfach so wieder zurück drehen lassen. Unser Alltag wird nicht mehr wie er vorher war. Unsere Prioritäten werden und haben sich bereits verändert.

Wir haben lange Zeit von Globalisierungseffekten profitiert. Jetzt erleben wir auch die Schattenseite.

Obwohl wir die Krisen dieser Welt täglich im TV sehen konnten, war scheinbar auch niemand wirklich darauf vorbereitet, dass diese mit voller Wucht auch irgendwann zu uns kommen könnten.

Und wer jetzt so tut und Maßstäbe ansetzt, als wäre das alles nur eine vorübergehende Erscheinung, handelt kurzsichtig.

Viel mehr sollten wir mit diesem Wandel aktiv umgehen. Dem Wandel selbst eine Richtung geben. Das ist unsere Aufgabe und auch eine Chance.

Seit der Flüchtlingskrise reden wir wieder mehr über das, worauf es im Leben wirklich  ankommt.

Wir diskutieren beispielsweise mehr über Werte, über globale Zusammenhänge, über Nachhaltigkeit und über soziale Standards, nicht nur über Parkplätze, Kanalgebühren oder Nachbarschaftsstreitigkeiten.

Ich appelliere insofern auch an alle Zweifler, aktiv an einem besseren Zusammenleben mitzuwirken. Ohne Vorurteile. Ohne Verschwörungstheorien. Ohne Ideologie. Dafür mit offenen Augen und offenem Geist.

Deutschland alleine kann wahrscheinlich nicht jedes Jahr eine Million Flüchtlinge aufnehmen. Wir brauchen eine europäische, nein, eine internationale Lösung.

Die Alternative wäre die Abschottung und die Renationalisierung Europas. Zu Ende gedacht möglicherweise mit Waffengewalt. Und die Ägäis als Massengrab vor unserer Haustür.

Ich glaube nicht, dass wir das wirklich wollen!

Landrat, Bürgermeister, Kreis- und Stadträte, sowie die Parteien bei uns im Landkreis sind vor dem Hintergrund der globalen Entwicklungen selbst Spielball.

Das heißt aber nicht, dass wir nicht auch selbst mitgestalten können und uns nur als Getriebene betrachten müssen. Ich sehe neben unserer Aufgabe in der humanen Organisation der Unterbringung und Versorgung, vor allem den Dialog mit der eigenen Bevölkerung um gemeinsam den kulturellen Herausforderungen zu begegnen. Was das betrifft, stehen wir gerade erst am Anfang.

Von regionalen Politikern erwarte ich Haltung, Lösungskompetenz und die Fähigkeit mit jedem Bürger Diskussionen zu führen. Politik muss moderieren.

Wir brauchen eine ehrliche und differenzierte gesellschaftliche Debatte, die auf Fakten basiert und nicht auf jede regionale Sensations- und Angst-Headline reagiert.

Eine breite gesellschaftliche Diskussion an der sich alle beteiligen. Organisationen, Gremien und Bürger.

Dazu sollten wir im Landkreis gemeinsam den Rahmen schaffen. Politisch, aber überparteilich.

Organisatorisch wurde seitens der Gemeinden und dem Landkreis bereits umfassender Dialog angeboten. Wir brauchen aber auch ein politisches Ventil, einen Rahmen bei dem wir schonungslos auch politisch alle Seiten beleuchten können.

Ich schlage deshalb vor, Dialogveranstaltungen durchzuführen, die von allen Parteien im Landkreis gemeinsam organisiert werden, beziehungsweise an welchen sich alle Parteien und Hilfsorganisationen die im Landkreis vertreten sind, beteiligen.

Wir müssen miteinander klären, was uns unsere Menschlichkeit und unser solidarisches Weltbild wert sind, wenn diese auch etwas kosten!

Ich stehe zur Organisation jederzeit zur Verfügung und hoffe, dass wir dazu die Zeit und die Kraft finden!

Markus Käser
SPD-Kreisvorsitzender
 

Häufig gestellte Fragen:

Worin sehen Sie die grundsätzlichen Ursachen für Vorfälle, wie sie kürzlich im Camp Rockolding zu erleben waren?

Dass es zu Problemen in Massenunterkünften kommen kann ist nicht unbekannt. Die Leute Menschen aus verschiedenen Kulturen sitzen hier 150igst auf engstem Raum auf einem Acker und haben nichts zu tun. Wissen nicht wie es weitergeht. Hoffnungslosigkeit und menschliche Verluste, fehlende Privatsphäre und Desillusion aufgrund falscher Versprechungen der kriminellen Schleuser sind eine explosive soziale Mischung.

Deshalb wurde das Camp Rockolding nur als Notlösung angelegt. Landrat Wolf und die Kommunen werden sich weiterhin noch mehr für kleinere Einheiten und feste Unterkünfte einsetzen. In Vohburg entsteht bereits eine feste Unterkunft, die im Frühjahr bezugsfertig sein wird.


Was könnte Ihrer Meinung nach hier vor Ort unternommen werden, um Eskalationen, wie sie in Rockolding geschehen sind, zu vermeiden?

Dezentrale Einheiten
Konkret mit aller Kraft möglichst nach dezentralen Lösungen und kleinen Einheiten suchen. Und dort wo es nicht anders geht, den Schutzsuchenden die Spielregeln eindringlich verdeutlichen. Allerdings muss es dann auch Sanktionen direkt in der Unterbringung für die geben, die sich nicht daran halten. Ebenso sollte es Vorteile für jene geben, die sich für ein Gelingen des Zusammenlebens einsetzen. Besonderer Dank gilt dem Helferkreis vor Ort, der bereits viel umsetzt, damit sich die Bewohner der Flüchtlingsunterkunft wohler fühlen.

Präventionsarbeit
Ich denke aber ganz generell müssen wir in Zukunft viel mehr präventive Kultur- und Integrationsarbeit leisten. Egal ob Menschen mit Bleibeperspektive oder nicht, wir dürfen nicht dem Glauben verfallen, dass mit der Unterbringung und Versorgung bereits alles erledigt ist. Die größten Herausforderungen kommen erst noch auf uns zu. Bildung, Arbeit, kulturelle Integration, das bleibt als Herkulesaufgabe alles bei den Kommunen und der Zivilgesellschaft hängen. Land und Bund müssen dafür Aktionspakete und wesentlich mehr Geld zur Verfügung stellen. Dass das nicht längst der Fall ist, verwundert mich wirklich.

Die Stadt Pfaffenhofen hat  bspw. zwei Fachkräfte für Integrationsarbeit auf eigene Kosten eingestellt, ebenso hat der Kreistag mehr Personal zur Sozialberatung und Koordination beschlossen. Viele Gemeinden oder Landkreise in Bayern werden dafür keine Mittel zur Verfügung stellen können. Der Staat muss dringend finanzielle Abhilfe leisten.

 

Die mutmaßlich auch von Asylbewerbern begangenen Übergriffe in Köln und anderen Städten in Deutschland und Österreich verunsichern auch viele Menschen im Landkreis. Wie schätzen Sie die Gefahr ein, dass derartige Vorfälle auch hier im Landkreis vorkommen könnten.

Die sexuelle Gewalt in der Silvesternacht vor dem Hauptbahnhof in Köln verändert, zumindest kurzfristig, die Stimmung in Deutschland. Viele Bürger können es nicht fassen, dass Menschen, welche wir kürzlich noch mit Teddybären begrüßt haben, derartige Übergriffe verüben. Es entsteht der Eindruck, dass das was vorher Idealisiert wurde, nun ebenso dämonisiert wird.

Was in Köln und Hamburg geschah, ist ein übles Verbrechen, das hart bestraft werden muss. Aber deshalb eine Minderheit, deshalb alle Flüchtlinge unter Pauschalverdacht zu stellen?

Diese Täter müssen mit allen Mitteln des Rechtsstaates bestraft werden, ebenso, müssen aber auch die Umstände des Kölner Polizei- bzw. Politskandals aufgeklärt werden. Die Bevölkerung hat ein Recht auf die Wahrheit. Das ist man den Opfern aber auch der großen Mehrheit der gesetzestreuen Migranten schuldig.

 

Es darf bei uns keine rechtsfreien Zonen geben. Nicht in Köln, aber auch nicht in Freital, Dresden oder Haidenau.

Grundsätzlich müssen wir wegkommen von einer infantilen schwarz-weiß Sicht. Also, kein Generalverdacht, aber auch kein Wegschauen. Die Fähigkeit zur Differenzierung ist es, die unsere Demokratie und unsere Zivilisation ausmacht.

Die Ereignisse sind sicher somit auch ein Warnschuss in Richtung der großen  Herausforderungen zur kulturellen Integration. Und auch ein klarer Fingerzeig zur Stärkung unserer Sicherheitskräfte.

Im Endeffekt brauchen wir keine schärferen Gesetze, sondern mehr Gesetzeshüter zur konsequenten Durchsetzung.

Dass es bei uns im Landkreis zu ähnlichen "Sex-Mobs" kommt, kann ich mir nicht vorstellen. Von anzüglichen Sprüchen und Angrabschereien in Einzelfällen und von kleineren Gruppen wurde mir allerdings  bereits persönlich berichtet. Darüber müssen wir reden und uns auch weiterhin untereinander austauschen. Wegschauen ist die schlechteste Lösung. Übergriffe sofort zur Anzeige bringen. Auch die Flüchtlinge sollten sich an der Meldung von Vorfällen beteiligen.
 

Welche alternativen Lösungsansätze (zur Obergrenze für Flüchtlinge) gibt es Ihrer Meinung nach für die künftige Unterbringung von Asylbewerbern im Landkreis Pfaffenhofen und wie sehen diese dann gegebenenfalls konkret (auch hinsichtlich Verfügbarkeit von Baugrundflächen und Finanzierung) aus?

Schutzsuchende müssen in Europa gerechter verteilt werden. Deutschland kann nicht jedes Jahr eine Million Flüchtlinge aufnehmen. Und Osteuropa kann sich nicht nur die Rosinen aus der EU picken. Wenn wir keine gemeinsame Lösung finden, ist die EU politisch tot. (Siehe auch Einleitung oben)

Wie Seehofer seine Forderung nach einer Obergrenze konkret umsetzen möchte, fragen Sie ihn am besten selber. Auf Nachfrage von ZDF-Journalist Klaus Kleber wusste er es zuletzt selbst nicht. Laut Grundgesetz ist dies zumindest so nicht möglich, also eine Geisterdebatte.

Im Ergebnis leidet die Glaubwürdigkeit der Politik, da die offensichtliche Kluft zwischen Rhetorik und Handeln immer größer wird. Derartige Einlassungen wie von Seehofer & Co sollen nur Tatkraft simulieren.

Flüchtlingsströme lassen sich nicht durch staatliche Alleingänge stoppen, sind der Weg zur Renationalisierung und könnten das Aus für die EU bedeuten.

Die Bundesregierung muss also gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen, die für unser Land insgesamt zu einer Entlastung führen, ohne aber dabei die Errungenschaften der europäischen Gemeinschaft und unseren Wertekanon aufs Spiel zu setzen.

Insofern bin ich wirklich froh, dass Walter Steinmeier außenpolitisch dafür zuständig ist.

National:
Das Eine ist die (wirtschaftliche) Frage, wie wir Einwanderung in Zukunft regeln wollen. Das Andere ist eine humanitäre Herausforderung. Und beides verbindet die Notwendigkeit verstärkter Integrationsbemühungen. Wir brauchen Ordnung und Personal in den Asyl-und Flüchtlingsverfahren. Europäische Solidarität bei der Verteilung von Schutzsuchenden UND ein klares deutsches  Einwanderungsgesetz mit dem wir gewünschte Zuwanderung steuern können.

Was die Unterbringung bei uns im Landkreis angeht, denke ich, ist die Zeit der Provisorien mittelfristig vorbei. Dass Camps wie in Rockolding keine Dauerlösung sein können, ist jedem klar. Für gleiche Kosten lassen sich feste Wohnbauten errichten, die auch dem sozialen Wohnungsbau zugeführt werden können und somit allen Bedürftigen zu Gute kommen.

Ich denke auch, wir werden generell etwas mehr zusammenrücken. Nicht nur wegen der Flüchtlingssituation. Ganz allgemein weil der Wachstumsdruck nun von zwei Seiten kommt – aus den Ballungsräumen und durch Flüchtlinge mit Bleiberecht. Wohnraum ist bereits knapp, die Mieten sind hoch. Ressourcen teilen wird ganz generell in Zukunft ein wesentlicher Lösungs-Baustein sein. Ein Projekt der SPD befasst sich deshalb mit der Vermittlung von WG-Zimmern und gemeinsamen Wohnraum. Mehr Infos unter www.wg-pedia.de
 

Von wem soll die Betreuung weiterer Asylbewerber übernommen werden, wenn die wenigen Ressourcen an ehrenamtlichen Helfern ausgeschöpft sind?

Zunächst einmal denke ich, ist es vor allem Aufgabe ist, die Zivilbevölkerung und Arbeitskreise intensiver zu unterstützen. Auch in der Koordination. Da leistet das Landratsamt bereits ganz gute Arbeit. Ausbaufähiger sind aber immer noch abteilungs- und zuständigkeitsübergreifende Prozesse bspw. von Regierung über Landratsamt hin zu den ehrenamtlichen Helfern.

Und unter Umständen müssen wir uns auch damit anfreunden, dass einige dauerhaft notwendige Aufgaben auch von professionellen Kräften umgesetzt werden müssen, um die Freizeit der Helfer nicht zu überstrapazieren.

Wo sich unsere Bevölkerung aber geordnet und mit kalkulierbarem Zeitaufwand einbringen kann, sollten wir die ehrenamtlichen Beteiligungsmöglichkeiten verstärken. Die SPD Pfaffenhofen hat deshalb genau vor einem Jahr die Kleiderkammer ins Leben gerufen um die Sammlung und Versorgung mit Kleidung für Bedürftige zu regeln und sicher zu stellen. Und es zeigt sich, wie auch in den Bürgerläden Geisenfeld, Vohburg, Wolnzach oder Manching, dass auch nach einem Jahr die Spendenbereitschaft der Bevölkerung ungebrochen ist und sich immer mehr Bürger aktiv beteiligen.

Eine Aufstockung unseres pädagogischen Personals in Schule und Kitas wird man sicher auch bald ins Auge fassen müssen.

 

Wie ist Ihre Vorstellung von Integration der anerkannten Asylsuchenden am Beispiel eines im dörflichen Umfeld untergebrachten Asylbewerber? 

Die Antwort darauf ist ganz einfach: Sprache lernen und arbeiten gehen. Um anerkannte Asylbewerber in Lohn und Brot zu bringen, braucht es aber noch wesentlich mehr Engagement, sowie auch finanziellen Einsatz der Wirtschaft. Von staatlicher Seite muss außerdem wesentlich mehr in Sprach-, Kultur-, und Integrationsangebote investiert werden.

Ein schönes Beispiel in der Region ist die "Willkommens-Klasse" der Realschule Schrobenhausen oder die „Schwerpunkt-Kitas Sprache & Integration“ der Stadt Pfaffenhofen. Dahingehend und in punkto Förderung des sozialen Wohnungsbaus muss auch gemeinsam der politische Druck erhöht werden, wie es ja unsere Bürgermeister mit ihrer Resolution an die Bundeskanzlerin bereits getan haben.

Eine wesentliche Rolle spielen bei der Integration auch unsere Sport- und Freizeitvereine. Um einen konkreten Anreiz zu schaffen wird beispielsweise die “Bunte Koalition” in Pfaffenhofen demnächst mit allen Beteiligten ein Bonussystem für Integrationsleistungen von Vereinen erarbeiten und umsetzen. (Siehe Koalitionsvereinbarung Plan 2020)

 

Homepage SPD Kreisverband Pfaffenhofen

 

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