Zu einem Gespräch über neue Schulmodelle haben sich stv. Landrat Franz Rothmeier und MdL Martin Güll mit Dr. Ernst Rösner, einem der renommiertesten Schulentwickler vom Institut für Schulentwicklungsforschung an der TU in Dortmund getroffen.
Rothmeier und Güll erläuterten dabei anhand der vor kurzem erstellten Bildungslandkarte die Situation im Landkreis und wiesen dabei auch auf die Schwächen des dreigliedrigen Schulsystems hin: Sinkende Schülerzahlen, immer weniger Schüler auf der Hauptschule, Schulbustourismus, Nachhilfestunden schon während der Grundschule, immenser Leistungs- und Selektionsdruck bereits in der Grundschule und die Gefahr der Schließung von Schulen vor allem im ländlichen Raum.
Dr. Rösner stellte daraufhin die Konsequenzen für Schüler und Eltern dar: „Die Folgen liegen auf der Hand: Kinder werden ungerecht behandelt, unzureichend qualifiziert und gehen beim Übergang in die weiterführenden Schulen unnötige Versagensrisiken ein. Eltern sind gleichzeitig gehalten, um der Zukunft ihrer Kinder willen, bestmögliche Schulen auszusuchen und leiden dabei zunehmend unter der typisch deutschen Frühauslese.“
Zum Problem der sinkenden Schülerzahlen an den Hauptschulen meint Rösner: „In allen Bundesländern mit eigenständigen Hauptschulen sieht es ungefähr gleich aus. Die wesentlichen Gründe für diese Entwicklung liegen im Zusammenspiel von zwei Faktoren: Insgesamt weniger Schüler und die unaufhaltsam wachsende Nachfrage nach Schulen mit gymnasialen Standards.“
Eine Möglichkeit die gravierenden Probleme im Schulsystem zu beheben und an die demografischen Herausforderungen anzupassen wäre aus Rösners Sicht die Einrichtung von „Schulen des gemeinsamen Lernens“ auch im Landkreis Pfaffenhofen: „ Ich halte die Gemeinschaftsschule in der Tat für ein Zukunftsmodell. Die Vorteile sind bestechend: Bis zur 10. Klasse gemeinsamer Unterricht ohne Selektion in der 4. Klasse, das integrierte Angebot von Quali und Realschulabschluss, sowie die Vorbereitung für den Übertritt an das Gymnasium. Und das alles direkt vor der Haustüre."
Auch auf die Behauptung von Kritikern, dass durch Gemeinschaftsschulen die stärkeren Schüler ausgebremst und nur die Schwächeren profitieren würden, ging Rösner ein: „Alle relevanten Forschungsergebnisse zu diesem Thema kommen zu einem klaren Befund: Wenn gemeinsames Lernen in individualisierter Form stattfindet, werden die Schlauen nicht dümmer, aber die leistungsschwachen Kinder legen in dieser anregenden Lernumgebung erheblich zu."
"Wir brauchen alternative Schulmodelle, wohnortnah und mit neuer Pädagogik. Das von der Staatsregierung eingeführte Mittelschulmodell ist für mich ein Etikettenschwindel und wird mittelfristig nur zur Schließung der kleineren Schulen vor allem auf dem Land führen. Ich mache mir große Sorgen, dass unsere Kinder in Zukunft mehr Zeit beim Busfahren verbringen als auf dem Fußballplatz mit Freunden“, stellte der stellvertretende Landrat und Landratskandidat Franz Rothmeier fest.
„Der Kreis ist zwar nicht direkt für die Gestaltung der Bildungslandschaft zuständig, aber wir können gemeinsam mit Eltern doch einiges anschieben. Ich kann mir ein Modellprojekt für eine Gemeinschaftsschule nach Denkendorfer Vorbild bei uns im Landkreis gut vorstellen. Zuerst benötigen wir dazu ein Landkreis übergreifende Analyse der Situation und ein entsprechendes Standortgutachten. Kommunen können dann ein pädagogisches Gesamtkonzept als Grundlage für einen späteren Modellantrag entwickeln zu lassen.“
Dr. Rösner griff die Initiative auf und bot seine Unterstützung für ein passgenaues Konzept auch im Landkreis Pfaffenhofen an: „Jede Region und jeder Fall ist anders. Wir brauchen individuelle Konzepte, für alle, die sich auf den Reformweg machen wollen“. Er verwies dabei ebenfalls auf die guten Erfahrungen in Denkendorf und Kipfenberg im Nachbarlandkreis Eichstätt.
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